Corona-Pandemie als Chance für die Waldorfkindergärten?!

Bericht aus der Fachberatung mit Schwerpunkt Trägerberatung Die Corona Virus hat viele Veränderungen in unser Leben gebracht. Das soziale Gefüge und die Wirtschaft wurden komplett auf dem Kopf gestellt. Von einem Tag auf den Anderen waren alte und liebgewonnene Gewohnheiten, gefestigte Strukturen aufgebrochen und damit letztendlich unsere Arbeitswelt stark verändert.

Die Corona Virus hat viele Veränderungen in unser Leben gebracht. Das soziale Gefüge und die Wirtschaft wurden komplett auf dem Kopf gestellt. Von einem Tag auf den Anderen waren alte und liebgewonnene Gewohnheiten, gefestigte Strukturen aufgebrochen und damit letztendlich unsere Arbeitswelt stark verändert. Auch viele Vorstände und Erzieher*innen aus den Waldorfkindergärten wurden durch die Umstände oder durch plötzlich aufgetretene Krisen im Kollegium gezwungen einen anderen Blick auf ihre bereits bestehenden Strukturen zu werfen, ihren aktuellen Arbeitstätigkeit und die damit verbundenen beruflichen Anforderungen neu zu bewerten oder diese zu hinterfragen. Gerade in dieser Zeit erreichen uns in der Fachberatung viele Anfragen von Leitungen oder Vorständen zur Unterstützung bei der Bewältigung von betrieblichen Krisen.

Bei den Themenfelder geht es hauptsächlich um das Miteinander unter den Erzieher*innen, Kommunikationsprobleme mit Eltern, Vorstand und Kollegen, unklare Aufgabenverteilung zwischen Vorstand und Leitung, Probleme beim Wahrnehmen oder Ergreifen von Führungsaufgaben oder Probleme des Alltags, die durch nicht funktionsfähigen Krisen- bzw. Beschwerdemanagement nun zum Vorschein kommen. Die Themen scheinen auf dem ersten Blick eher branchentypisch zu sein und wenig mit der Corona-Krise zu tun. Auf dem zweiten Blick wird es jedoch deutlich, dass die durch Corona verursachten plötzlichen Veränderungen und Aufbrechen von altbewährten Strukturen und Traditionen den Betrieb eines Kindergartens schnell in Schwanken bringen und oft unangenehme Fragen aufwerfen, die bisher gut verdrängt wurden und nun eine Antwort verlangen.

Mit Sicherheit waren viele diese Probleme bereits vor der Pandemie im Verborgenen vorhanden. Die Corona-Krise hat sie jedoch sichtbar und nun endlich bearbeitbar gemacht. Und darin liegt die große Chance. Sie ermöglicht Leitungen und Vorstand Problembereiche in ihrem Betrieb zu lokalisieren und neu zu gestalten.

Im folgenden Abschnitt sollen einige dieser Problembereiche aufgeführt und zu Reflektion in eigenen Betrieb angeregt werden. Denn eins ist klar: werden Krisen und Probleme nicht grundlegend bearbeitet, kommen sie immer wieder!

Neben den Herausforderungen wie der hohe Personalausfall, Einhalten von Hygienemaßnahmen, pädagogischen Zusatzangebote für Familien, die ihre Kinder zu Hause betreuen, muss der Kindergartenbetrieb weiterhin reibungslos geführt werden. Dabei spielt die Kommunikation eine große Rolle. In der Corona-Zeit besteht akut die Gefahr, dass Kommunikationsketten reißen. Teambesprechungen und Konferenzen finden vielerorts mittlerweile nur noch online statt, sind auf ein Minimum reduziert oder fallen oft sogar aus. Teams, die auch schon vor der Krise eine gut funktionierende Kommunikationskultur hatten, können sich besser auf die neue Situation einstellen oder alt bewährte Formate in Online-Meetings übertragen. Die Kindergärten, die vor der Pandemie schon Probleme in ihrer Kommunikationsstruktur hatten, erleben nun eine Krise und hohe Unzufriedenheit im Kollegium oder in der Elternschaft. Kindergartenleitungen oder der Vorstand können zwar auch durch regelmäßige E-Mails oder Anrufe über alles Wichtige informieren. Bei dieser Art der Kommunikation fehlt jedoch das so wichtige zwischenmenschliche Begegnung. Ersatz dafür gibt es momentan nicht. Aber man kann ein Bewusstsein für die Probleme entwickeln; die Bedürfnisse des Einzelnen wahrnehmen; negative Entwicklungstendenzen schneller erkennen und diese gleich offen im Team ansprechen. Gerade innerhalb eines Kindergartenteams sollen nicht nur die nötigsten Informationen geteilt werden. Erzieher*innen, die sonst mit Kolleg*innen eine enge Zusammenarbeit in einer Gruppe und schnelle direkte Kommunikationswege gewohnt sind, können sich schnell ausgegrenzt fühlen, wenn sie nicht oder nur sporadisch Informationen von der Leitung oder vom Vorstand erhalten. Hinzu kommt, dass heikle oder persönliche Themen und Befindlichkeiten im Team online nur schwer erspürt und wahrgenommen werden können. Oft werden auch stillere oder introvertierte Kolleg*innen einfach vergessen, denn sie drängen sich nicht in den Vordergrund. Abrufen von gewohnten und bisher funktionierenden Kommunikationswegen und Formen reichen in diesen Zeiten meist nicht mehr aus. Die Leitung muss die größtmögliche Transparenz schaffen, damit sich alle informiert fühlen. Diese ist es eine zusätzliche Aufgabe für die Leitung, die solche Phänomene erst überhaupt wahrnehmen und damit nun umgehen lernen muss. Es hilft z.B. mit den Mitarbeitern in Gespräch zu kommen und zu erfragen, was sie gerade brauchen (z.B. mehr Zeit zum Gespräch, oder technische Unterstützung?).

Ein weiterer Punkt, der die Arbeit und die Führung eines Kindergartens zurzeit erschweren kann, ist die durch Gruppentrennung, längere Krankschreibungen oder Freistellungen bzw. Quarantänemaßnahmen entstandene Distanz zu Kolleg*innen und dem Kindergartenbetrieb. Das kann bei Kindergärten, wo die Personalführung womöglich schon vor der Krise Mangel aufwies dazu führen, dass die Disziplin der Mitarbeiter und die Loyalität zum Betrieb bzw. zur Leitung enorm schwindet. Das bringt gravierenden Problemen wie z.B. Spaltung im Team, Arbeitsverweigerung im Home-Office bis hin zur Fluktuation mit sich. Die Leitung bzw. die Verantwortliche für die Personalführung müssen freigestellte Kolleg*innen oder durch gruppenweise erfolgte Isolierung voneinander getrennten Mitarbeiter, im Auge behalten und darauf achten diese weiterhin im Gesamtgeschehen durch guten Informationsfluss und persönlichen Gespräche zu integrieren und nicht zulassen, dass diese sich vom sozialen Arbeitsumfeld entfremden.

Durch das veränderte Miteinander, wodurch grundsätzliche soziale Normen wie in Gesichtern lesen, Umarmungen, persönliche Begegnungen usw. ausbleiben, sind viele Erzieher*innen verunsichert. Man weiß nicht mehr, woran man sich zu halten hat. Wer kann momentan sicher planen, was er in einem Monat tun wird oder nicht? Alte Gewohnheiten, die bisher eine hohe Tragkraft hatten, fallen komplett weg. Ungewohnte Formen der Freizeitgestaltung, Verzicht auf Urlaubsreisen, aus denen man noch lange gezehrt hat, keine Möglichkeit zur Erholung, das fehlende Zuversicht und ein positives Zukunftsbild wird immer mehr auch in den Kindergartenbetrieben zur spürbaren Belastung. Das verändert auch das Arbeitsverhalten der Erzieher*innen. Sie führt zu Veränderungen im Team-Kultur und beschert Leitungen und Vorstand mit Zusatzaufgaben in der Personalführung. Somit bekommt der Begriff Arbeitgeberfürsorge in der Corona-Zeit eine ganz neue Gewichtung. Was brauchen die Mitarbeiter zur Erholung? Wie kann man als Arbeitgeber zur Entspannung in Arbeitsalltag beitragen? Des Weiteren dürfen Leitungen und Vorstand die Unplanbarkeit, an denen sich nun fast alles ausrichtet und sie eine hohe Unsicherheit sowohl im Team als auch bei den Eltern mit sich bringt, nicht unterschätzen. Unsicherheit verlangt nach Klarheit und Klarheit nach Führung. Führung bedeutet das Wahrnehmen von Veränderungen, Prozessen sowie Bedürfnissen von Mitarbeitern und zu wissen wie man damit umzugehen hat. Die sozialen Kompetenzen von Leitungskräften werden deshalb immer wichtiger, um Teams oder Elternschaft zusammenzuhalten.